Die Zukunft der Geschäftswelt ist „Data driven“

Entscheidungen werden in Unternehmen immer noch häufig auf Basis von Erfahrung und Bauchgefühl getroffen – doch die digitale Transformation hat hier einen Wandel angestoßen. Wirtschaftsunternehmen entdecken nach und nach Data Analytics für sich, um die Geschicke der Organisation faktenbasiert bzw. faktenunterstützt zu lenken. Kurz: Sie werden „Data driven“.

von Mathias Golombek

Auch wenn das Thema Big Data bereits längere Zeit im öffentlichen Fokus steht: Viele Unternehmen haben den Stellenwert für ihr eigenes Geschäft bisher noch nicht erkannt. Doch die Datenmengen in Organisationen steigen an und können für unterschiedliche Fragestellungen interessante neue Erkenntnisse liefern: sei es zu internen Prozessen, Kundenwünschen oder neuen Geschäftsmodellen.

Wer hier die Trends kennt, dafür offen ist und die Entwicklung hin zum datengetriebenen (Data driven) Unternehmen mit einer agilen Unternehmenskultur ermöglicht, wird sowohl im Markt als auch im „War for Talents“ einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil haben. So wachsen die jungen Talente von heute in einer digitalisierten Welt auf und setzen voraus, dass auch ihre (zukünftigen) Arbeitgeber hier auf dem neuesten Stand sind. Zudem zeichnet sich klar ab, dass Unternehmen zukünftig viel stärker danach bewertet werden, wie nachhaltig sie ihre Waren produzieren. Data Science, also das Umwandeln von rohen Daten in wertvolle Informationen, ist in beiden Bereichen ein unverzichtbarer Baustein, um hier als Organisation voranzukommen.

Mathias Golombek
Mathias Golombek

ist seit Januar 2013 Mitglied des Vorstands der Exasol AG. In seiner Rolle als CTO verantwortet er alle technischen Bereiche des Unternehmens: von Entwicklung über Betrieb und Support bis hin zum fachlichen Consulting.

Wer also Big Data gleichsetzt mit dem Sammeln von Daten, wird so schnell keine Erfolge sehen. Die vorliegenden Informationen müssen auch entsprechend analysiert werden, um daraus nützliche Erkenntnisse für die strategische Weiterentwicklung zu ziehen. Bevor Unternehmen Daten aber optimal auswerten können, gilt es, einige Hürden zu meistern. Die häufigsten Hindernisse auf dem Weg zur optimalen Datennutzung sind mangelhafte technische Ausstattung, eingeschränkte Performance, fehlende Datenkompetenz und Silodenken. So wird das große Potenzial, das in den Daten schlummert, von vielen Unternehmen noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft.

Unternehmen verfügen über vielfältige Datenquellen

Um die ersten Schritte in Richtung eines datengesteuerten Unternehmens zu gehen, gilt es zunächst, eine entsprechende Strategie zu entwickeln – und dafür sollten sich Organisationen erst einmal anschauen, woher sie ihre Daten überhaupt beziehen. Unternehmen verfügen dafür heute über vielfältige Quellen, die mit der Digitalisierung stetig zunehmen. Das können ebenso Kundendaten sein wie auch Daten aus der Produktion und der Supply Chain oder Umsatzzahlen: All diese Informationen müssen gesammelt und verwaltet werden.

Hier helfen moderne Data-Analytics- Lösungen, sie fungieren dabei als Data Warehouse. Insbesondere der Einsatz einer In-Memory-Technologie bringt Vorteile, die sich vor allem in der täglichen Arbeit mit Daten zeigen. Sie sorgt dafür, dass Daten in Sekundenschnelle abgelegt und verarbeitet werden können. Bei Bedarf können Tausende Nutzer gleichzeitig auf die Daten zugreifen, ohne dass der Abfrage-Durchsatz leidet. So liefert solch eine Lösung in Sekundenschnelle Datenauswertungen auf Knopfdruck. Darüber hinaus kann sie flexibel auf die jeweiligen Ansprüche der Unternehmen skaliert werden.

Die Anwendungsfelder dieser modernen Data-Analytics-Lösung sind branchenunabhängig beinahe unbegrenzt und reichen vom Gesundheitswesen über den Finanzsektor bis hin zum Einzelhandel, um nur einige zu nennen. Zu den Einsatzmöglichkeiten zählen beispielsweise die Überwachung und vorausschauende Wartung medizinischer Geräte, die Optimierung von Einkaufsprozessen und Lieferketten oder auch Analysen im Spitzensport. Und die Entwicklung steht insbesondere in Deutschland erst am Anfang, denn die Unternehmen beginnen erst langsam, den Stellenwert effizienter Datennutzung abseits der IT-Abteilungen einschätzen zu können. Diejenigen, die bereits damit arbeiten, haben heute schon einen entscheidenden Wissensvorsprung und den Grundstein für den Schritt in eine digitalisierte Zukunft gelegt.

E-Commerce macht es vor

Ein gutes Beispiel ist der E-Commerce, der durch Corona einen beispiellosen Boom erfahren hat. Dank Datenanalysen können Preise in Online-Shops automatisch und in Sekundenschnelle geändert werden, jeweils abhängig von Faktoren wie Bedarf, Vorrat oder den Angeboten des Wettbewerbs. Die Zahl der verschiedenen Preisbildungsfaktoren ist dabei heute so hoch, dass manuelle Verarbeitung längst an ihre Grenzen gestoßen ist. Für Handelsunternehmen bieten zuverlässige Daten analyse-Lösungen, die Dynamic Pricing ermöglichen (also die automatisierte Überwachung, Analyse und Anpassung von Preisen auf der Basis von verschiedenen Parametern wie Nachfrage und saisonalen Angeboten) einen unschätzbaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Daten abteilungsübergreifend effizient nutzen

Auch wenn die technischen Grundlagen bereits stimmen, stehen heute einer effizienten Datennutzung häufig noch alte Unternehmensstrukturen im Weg. Denn sie kann nur abteilungsübergreifend effizient funktionieren. Entwicklungen wie Datendemokratisierung, Data Literacy oder auch Data Storytelling helfen dabei, das Silodenken in den Unternehmen aufzulösen und das Vertrauen in die Datennutzung zu stärken.

Wer von seinen Informationen wirklich profitieren möchte, der sollte seinen Fokus also zunächst auf das Thema Datendemokratisierung lenken. Das bedeutet, dass alle Mitarbeitenden – und nicht nur ausgewiesene Data-Spezialisten – in der Lage sein sollten, auf Daten zuzugreifen, sie zu analysieren und zu nutzen. Der erste Schritt, den Unternehmen hier gehen sollten, ist ein Wechsel des Mindsets. Viele Probleme sind darauf zurückzuführen, dass nur ein Bruchteil der Belegschaft Daten nutzt bzw. nutzen kann oder darf oder diese nur sehr punktuell auswertet – und sich folglich auch kaum damit auskennt.

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Der Nutzen, den Unternehmensbereiche abseits der IT aus der Datennutzung ziehen können, wird ebenfalls nach wie vor stark unterschätzt. In Bereichen wie der Produktion oder der Logistik schlummern riesige Potenziale. Um hier Entwicklungen voranzutreiben, sind die Themen Datenstrategie und Datendemokratisierung wichtige Elemente. Eine funktionierende technische Infrastruktur ist dafür allerdings die Grundvoraussetzung eng verknüpft mit Datendemokratisierung ist auch das Thema Data Literacy, also die Kompetenz, Data Analytics und Daten zu verstehen. Sie hilft den Mitarbeitenden dabei, nachzuvollziehen, wie die aus Daten abgeleiteten Handlungsvorschläge entstehen und fördert so ihre Akzeptanz für diese Lösungen. In vielen Unternehmen besteht diesbezüglich noch großer Nachholbedarf. Sie sollten massiv in den Kompetenzaufbau investieren und ihren Mitarbeitenden Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Langfristig betrachtet ist hier auch die Politik gefragt: Digitale Bildung sollte endlich ihren Weg in die Bildungspläne finden.

Auch Daten erzählen gute Geschichten

Nicht nur die Art und Weise, wie Daten analysiert und genutzt werden, spielt eine entscheidende Rolle, ob Unternehmen das Optimum aus ihnen herausholen können. Auch wie diese Erkenntnisse kommuniziert werden, ist entscheidend. Idealerweise sollte das aus den Daten gewonnene Wissen in anschauliche Geschichten verpackt werden, sodass die Kernaussagen auch für diejenigen verständlich sind, die daraus Schlüsse für die Geschäftsentwicklung ziehen möchten und eben auch nicht im täglichen Umgang mit Daten geschult sind.

Data Storytelling vermittelt auf eine verständliche Weise die Implikationen von Daten und erklärt ihre Bedeutung. Unternehmensweites Data Storytelling bedeutet, dass Mitarbeitende vorhandene Daten nicht nur lesen und verstehen, sondern diese auch interpretieren und erklären können. Dies zahlt wiederum darauf ein, das Vertrauen in die Nutzung von Daten zu erhöhen. Sind die technischen Voraussetzungen und die internen Strukturen für eine effiziente Nutzung der Daten geschaffen, setzen Unternehmen idealerweise eine Art Stabsstelle ein, die sich federführend um die Nutzung, Aufbereitung und Kommunikation der Daten kümmert sowie in der Lage ist, aus den Analysen Strategien für die Geschäftsentwicklung zu ziehen. Diese Aufgabe ist auf Managementebene immer öfter bei den Chief Data Officers (CDOs) angesiedelt, die für die Strategie, Vision und Ausführungen der Daten- und Analyseabteilungen verantwortlich sind.

CDOs als Brückenbauer zwischen IT und Management

Die CDOs stellen sicher, dass die Ziele der Datenabteilungen mit den Zielen des Unternehmens übereinstimmen. Denn oberste Priorität der unternehmensweiten Datennutzung ist eine Verbesserung der Geschäftsergebnisse. Organisationen haben hierzulande noch gehörigen Nachholbedarf, wie der aktuelle CDO-Report zeigt. Die Rolle der CDOs ist noch zu sehr auf technische Aspekte fokussiert. Als Brückenbauer zwischen IT und Management sollten CDOs aber auch über Soft Skills wie Empathie oder Resilienz und Managementkompetenzen verfügen.

Eine der Herausforderungen liegt sicher darin, dass selbst viele CEOs nicht genau wissen, oder auch keine genaue Vorstellung davon haben, was ein CDO eigentlich genau macht und dass das jeweilige Stellenprofil folglich zu viele verschiedene Aufgaben umfasst oder generell nicht eindeutig umrissen ist. Klar ist: Wollen Unternehmen den Schritt in die digitale Zukunft strategisch ernsthaft angehen, müssen sie sich mit den aktuellen Entwicklungen im Bereich Data Analytics beschäftigen. Denn das Thema Daten wird eine immer größere Rolle spielen. Insbesondere die jungen, gut ausgebildeten IT-Spezialisten sind auf der Suche nach den innovativsten und damit zukunftsfähigsten Unternehmen in diesem Bereich.

Dieser Beitrag stammt aus dem Fachmagazin changement!, Ausgabe 9/2021, Seite 44-47



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