Future Skills für Führungskräfte

Wer führt, muss die Zukunft im Blick haben. Und die Zukunft ist geprägt von Veränderung. Es braucht einige Future Skills, um fit zu werden für die Führungszukunft und die Segel zu setzen für Change und Transformation.

von Michaela Flick

Veränderungen haben schon immer die Menschheit geprägt und waren seit jeher ein großes Thema in der Organisationsentwicklung. Die Welt ist im Wandel und voller Dynamik, doch wir Menschen tun uns mitunter sehr schwer damit, Schritt halten zu können mit dem Neuen. Nicht immer wird Neues in dem Maße und Umfang willkommen geheißen, wie es für uns, unser Unternehmen, unsere Organisation und für uns selbst richtig und wichtig wäre. Wenn wir die Wahl haben, entscheiden wir uns nicht selten gegen die Veränderung, denn aus der Komfortzone herauszugehen erfordert Mut. Manchmal haben wir aber auch keine Wahl – und wir sind, ohne es zu wollen, mittendrin in massiven Veränderungsprozessen. Jetzt kommt es darauf an, die richtigen „Future Skills for Leadership“ zu entwickeln, um den Wind der Veränderung zu nutzen, die Segel zu setzen und sich in sprichwörtlichem Sinne Wind und Wellen zu stellen.

Michaela Flick

ist Trainerin, Coach und Autorin insbesondere mit dem Fokus Projektmanagement und Leadership. Seit mehr als 20 Jahren leitet und begleitet sie nationale und internationale Projekte und trainiert Fach- und Führungskräfte. Ein besonderes Herzensthema von Michaela Flick ist dabei Veränderungsmanagement.

Management vs. Führung

Der Mensch ist ein großer Entscheider mit Potenzial. Wir haben die Fähigkeit, uns nicht nur selbst zu managen, sondern auch zu führen. Es geht darum, eigenverantwortlich die persönliche und strategische Karriere zu gestalten, unabhängig von äußeren Bestimmungen. Wie schaffen wir das in der heutigen, schnelllebigen Zeit? In die nun doch – zumindest teilweise – die Digitalisierung Einzug gehalten hat und die von uns einiges abverlangt an Selbstmanagement, Selbstführung und Disziplin.

Differenzieren wir zunächst einmal zwischen Management und Führung. Antoine de Saint-Exupéry hat einmal so trefflich formuliert:

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Management, das ist sehr stark operatives, zielgerichtetes menschliches Handeln und hat viel mit Planung, Zielverfolgung und Kontrolle zu tun – eben das Zusammentrommeln der Männer beim Schiffsbau. Selbstmanagement beinhaltet hier demzufolge Fähigkeiten und Fertigkeiten des Zeitmanagements, der Formulierung und Fortschrittskontrolle in Bezug auf klare und realistische Ziele inklusive ihrer Priorisierung. Es geht darum, Entscheidungen zu treffen, die Motivation beizubehalten und Erfolge messbar zu machen.

Führung hingegen, das ist verantwortliches Leiten – gerne mit visionärem Charakter. Führungskompetenz hat folglich damit zu tun, dass Ziele und das Verhalten anderer Menschen so geprägt und beeinflusst werden, dass Resultate folgen. Die Führungskraft weckt im Idealfall in ihren Mitarbeitenden die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dafür ist es notwendig, eine gemeinsame Sicht auf die Dinge zu vermitteln und jeden und jede dort abzuholen, wo er oder sie steht.

Klare Kommunikation, regelmäßiges Feedback, Beziehungsaufbau und das Schaffen von Vertrauen sind hier der Schlüssel zum Erfolg – nicht nur offline, sondern vor allem auch online. Führungsqualität heißt in diesem Zusammenhang ebenfalls, selbst sichtbar zu werden, andere wahrzunehmen und zu sehen, wie die Befindlichkeiten der Mitarbeitenden sind. In Zeiten von Agilität ist Selbstmanagement die Grundlage für Selbstverantwortung. Dafür ist es notwendig, Selbstregulierungskräfte zu entwickeln, Befugnisse und Verantwortlichkeiten eindeutig zu regeln und eine Selbstverpflichtung einzugehen, hinter seinem Unternehmen, hinter seiner Organisation, hinter seiner Mannschaft zu stehen. Das geht nur, wenn es eine Kultur der Verständigungsbereitschaft auf allen Ebenen gibt, die es ermöglicht, schnell auf Veränderungen zu reagieren.

Acht Tipps für Führungskräfte zu Selbstmanagement und Change

1. Formulieren Sie Aufgaben und Ziele klar, messbar und priorisieren Sie. Treffen Sie klare und effiziente Entscheidungen und dokumentieren Sie diese, um später den Weg im Entscheidungsprozess nachvollziehen zu können.

2. Kommunizieren Sie auf Augenhöhe und praktizieren Sie horizontale Kommunikation. Lassen Sie Ihrer Mannschaft freie Hand und mischen Sie sich nicht ein. Hilfreich ist es, wenn Sie zwei Listen führen – eine Liste mit Entscheidungen, die Ihre Mitarbeitenden völlig autark treffen können und dafür dann auch selbst verantwortlich sind. Und eine andere Liste mit den Punkten, die Sie allein entscheiden. Schaffen Sie Transparenz in der Kommunikation und beweisen Sie sich als unterstützende, wertschätzende Führungskraft.

3. Machen Sie Visionen, Ziele und Erfolge sichtbar. Arbeiten Sie mit Visionstafeln, Roadmaps oder Kanban-Boards. Setzen Sie Meilensteine und sorgen Sie für den Überblick, das „Big Picture“. Schaffen Sie Transparenz darüber, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist, wer welche Befugnisse hat und als Ansprechpartner fungiert. Gehen Sie mit Ihren Mitarbeitenden auf Ihre ganz eigene, gemeinsame Reise und wählen Sie die Visualisierungen, die in Ihren Kontext passen.

4. Haben Sie keine Angst vor der Angst und seien Sie mutig. Schon Goethe brachte es auf den Punkt: „Erfolg hat drei Buchstaben: Tun!“ Heißen Sie Fehler willkommen, schaffen Sie die passenden Rahmenbedingungen, weichen Sie Tabuzonen auf und seien Sie ein Vorbild. Stellen Sie sich Wind und Wellen und kommen Sie ins Tun. Bleiben Sie dabei empathisch und richten Sie den Blick immer auf Ihr Ziel.

5. Finden Sie die richtigen Stellschrauben, um notwendige Veränderungsprozesse anzusteuern, und ermöglichen Sie die entsprechende Konsolidierung. Bilden Sie Führungskoalitionen, die im Unternehmen oder in der Organisation etwas bewirken können, und holen Sie sich die Leute ins Boot, die Ihnen dabei helfen, die notwendigen Ziele zu erreichen und gemeinsam Segel zu setzen.

6. Change und Transformation benötigen Energie! Finden Sie heraus, was
Ihnen Energie gibt, was Ihnen Energie nimmt und wie Sie mit Ihren Ressourcen haushalten können.

7. Geben Sie sich und Ihrer Mannschaft Impulse, geben Sie Vertrauensvorschuss, zeigen Sie Wertschätzung und bauen Sie Beziehungen auf. Beschäftigen Sie sich mit den Future Skills for Leadership und finden Sie Ihre Rolle als Führungskraft.

8. Nicht alles muss verändert werden, und schon gar nicht jetzt und sofort. Finden Sie heraus, was bereits gut läuft und bleiben darf. Halten Sie Bewährtes in Ehren, aber scheuen Sie sich nicht, neue Wege zu gehen, wenn es wnotwendig ist.

Change und Transformation

Ein weiteres, wichtiges Future Skill ist die Fähigkeit, Change und Transformation zu gestalten. Wobei Change ganz klassisch mit der Planung und Umsetzung konkreter Handlungen zu tun hat und als logische Konsequenz eine Reaktion auf Missstände beinhaltet im Sinne von Änderungsmanagement. Transformation hingegen meint die Umwälzung vom Alten zum Neuen und hat einen visionären Charakter. Beide Aspekte sind wichtig, um in unseren heutigen Zeiten erfolgreich zu sein in der Führung; um sowohl bei Flaute als auch bei Windstärke zehn gut und sicher auf dem Unternehmens- bzw. Organisationsschiff unterwegs zu sein.

Sowohl Change als auch Transformation fordert einer Führungskraft einiges ab, und es braucht Mut und Entschlusskraft, um hier erfolgreich Segel zu setzen. Die Auseinandersetzung mit Fehlern, die Schaffung einer Fehlerkultur bzw. die Akzeptanz, Fehler zu machen und sie willkommen zu heißen, ist nur ein wichtiger Punkt auf dem Weg zu erfolgreichen Veränderungsprozessen. Wichtig ist hierbei zunächst einmal, festzustellen, was das Beste für das Unternehmen, für die Organisation, für die Mitarbeitenden ist. Dazu gehört vor allem, zu erkennen, was bereits passt und definitiv unverändert bleiben soll. Change und Transformation sollen nicht bedeuten, alles aus Prinzip über den Haufen zu werfen. Im Gegenteil. Mit Empathie und Fingerspitzengefühl, Kompetenz und Erfahrung dort anzusetzen, wo es nötig ist, das macht Führungsqualität aus.

Handelsblatt Rethink Work
Handelsblatt Rethink Work

Herr von Hoensbroech, was können Führungskräfte von einem Orchester lernen?

Raphael von Hoensbroech ist Konzerthaus-Chef, Dirigent und Ex-Berater. Er glaubt: Dirigieren gehört für Führungskräfte zum Alltag. Deswegen treffen sie in seinen Seminaren auf…

11.11.2021 | von Kirsten Ludowig und Charlotte Haunhorst

Veränderung durchläuft immer unterschiedliche Phasen und geht mit den verschiedenen Emotionen einher. Um erfolgreich Veränderungsprozesse anzusteuern, gilt es für alle Beteiligten, die Komfortzone zu verlassen, sich dem Neuen zu stellen, offen zu sein und zu lernen. Nur dann ist eine persönliche Weiterentwicklung überhaupt erst möglich – die Grundvoraussetzung für erfolgreiche Veränderungsprozesse.

Es kommt dafür auf die richtige Haltung an – es braucht ein „Growth Mindset“ anstelle eines „Fixed Mindset“. Also weg von starren, alten Einstellungen und dem sprichwörtlichen Scheuklappendenken hin zu einem dynamischen Selbstbild, dem der Wunsch zu lernen und Herausforderungen anzunehmen, immanent ist. Eine Führungskraft, die zukunftsorientiert denkt und handelt sowie offen ist für, was immer auch kommen mag, wird sich und ihre Mitarbeitenden leichter durch Zeiten der Veränderungen begleiten können. Wichtig ist zudem, dass das jeweilige Führungsverhalten von den eigenen Werten getragen, authentisch formuliert, vorgelebt und praktiziert wird.

Im Führungsalltag geht es nicht um B2B (Business to Business), auch nicht um B2C (Business to Consumer). Es geht um H2H – Human to Human, also darum, von Mensch zu Mensch zu agieren. Selbstorganisiert und selbstverantwortlich das eigene Potenzial und das der Mitarbeitenden zu erkennen und zu entfalten. Es geht darum, sich mutig, motiviert und engagiert Veränderungen zu stellen, zu reflektieren, Fehler zuzulassen und aus diesen zu lernen. Eine Führungskraft, die es schafft, Vertrauen und Beziehungen aufzubauen, indem sie Wertschätzung lebt und ein Vorbild ist, wird auch in Zukunft erfolgreich sein.

Dieser Beitrag stammt aus dem Fachmagazin changement!, Ausgabe 2/2021, Seite 9-11